Um die Chancen der Digitalisierung bestmöglich zu nutzen und den Risiken zu begegnen, ist die Wiederbelegung der sträflich vernachlässigten Arbeitsforschung dringend notwendig. Die Gewerkschaften fordern daher die Einrichtung eines Lehrstuhls für Arbeitsforschung an einer der Hochschulen in Schleswig-Holstein sowie die Einrichtung einer arbeitnehmerorientierten Beratungsinstitution, welche Betriebs- und Personalräte bei der Bewältigung der Herausforderungen der neuen Arbeitswelt unterstützt. Das heute in Kiel stattfindende Global Economic Symposium muss sich nicht nur mit den Chancen der Digitalisierung beschäftigen, sondern auch mit ihren Risiken.
„Der Norden darf den Anschluss an die digital vernetzte Wertschöpfung sowohl im Dienstleistungs- als auch Industriebereich nicht verpassen - und er muss den Prozess aktiv begleiten. Die Wirtschaft soll für den Menschen da sein, nicht umgekehrt. Deshalb müssen nicht nur die Menschen fit gemacht werden für Arbeit 4.0, sondern auch die digitalisierten Arbeitsprozesse müssen humanen Maßstäben folgen. Nötig sind Mitbestimmung, Tarifbindung und soziale Sicherung für die Arbeitnehmer. Der Digitalisierungsprozess darf nicht zulasten der Beschäftigten gehen, vielmehr müssen die sich daraus ergebenden Chancen für Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, alternsgerechte Arbeitsplätze und lernfördernde Arbeitsumgebungen herausgearbeitet und genutzt werden. Auch dies wären große Themen für das Global Economic Symposium in Schleswig-Holstein. Die Wissenschaft muss sich den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen stellen, nicht nur denen von Managern“, sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord. Er vermisse die Einbeziehung von Gewerkschaftern und Betriebsräten in die Beratungen, die vom Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) veranstaltet werden.
Wenn IfW-Präsident Dennis Snower es als Problem beschreibe, dass die Digitalisierung die „Produktivität von Maschinen in Hochgeschwindigkeit“ steigert, während Menschen länger brauchen, um ihre Fähigkeiten anzupassen, müsse er konsequenterweise auch von den Unternehmensleitungen die Beteiligung von Arbeitnehmern am Prozess des technologischen Wandels einfordern, so der DGB-Vorsitzende: „Der PC braucht keine Pause, der Mensch schon. Durch die ständige Erreichbarkeit, ermöglicht durch Smartphones und Co, wird Arbeit aber auch immer stärker entgrenzt. Arbeitsprozesse werden verdichtet, sie können parallel ablaufen und erzeugen so das Gefühl einer ständigen Unzulänglichkeit und eines permanenten Drucks. Umso wichtiger sind Auszeiten.“ Der IfW-Empfehlung, dass die Regierungen mit einer aktiven Arbeitsmarktpolitik Aus- und Weiterbildung sowie Umschulungen fördern und die Menschen fit für die Herausforderungen der Digitalisierung machen müssten, stimmen die Gewerkschaften zu: „Aber auch die Wirtschaft muss fit gemacht werden und Leitplanken bekommen, damit die Digitalisierung keine gesellschaftlichen Verlierer und ein neues, riesengroßes sozialpolitisches Konfliktpotential produziert. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen Sicherheit“, sagte Polkaehn.
Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hatte berechnet, dass etwa 15 Prozent der Beschäftigten in Deutschland einem hohen Gefährdungspotenzial durch die neuen Technologien ausgesetzt seien.
Der DGB Bezirk Nord umfasst die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Die Gewerkschaften zählen in den drei Ländern zusammen rund 420.000 Mitglieder. Der DGB ist der Bund der Gewerkschaften. Gemeinsam vertreten der Bund und die Mitgliedsgewerkschaften die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
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