Durch Verstöße gegen das Mindestlohngesetz in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern werden nach DGB-Schätzungen den Beschäftigten mindestens 470 Millionen Euro und den Sozialkassen rund 80 Millionen Euro aus den Sozialabgaben der Arbeitgeber vorenthalten. Im Jahr 2016, dem aktuellsten, für das aussagekräftige Daten vorliegen, summierten sich Lohnausfälle und Mindereinnahmen der Sozialversicherung durch Verstöße gegen den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn bundesweit auf rund 7,6 Milliarden Euro.
Die Ausfälle im Norden (Lohn und Sozialabgaben): Hamburg rund 204 Millionen Euro, Schleswig-Holstein rund 222 Millionen Euro und Mecklenburg-Vorpommern rund 123 Millionen Euro.
Rechnet man auch noch Umgehungen von allgemeinverbindlichen Branchenmindestlöhnen hinzu, die es zum Beispiel am Bau oder in der Altenpflege gibt, ergibt sich für 2016 sogar bundesweit eine Gesamtsumme von rund 9,9 Milliarden Euro, die Arbeitgeber durch Umgehungen von Mindestlöhnen Arbeitnehmern und Sozialversicherungen vorenthalten haben. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).*
Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord: "Immer noch versuchen manche Arbeitgeber, mit Sozialbetrug ihre Renditen zu erhöhen. Wer aber den Mindestlohn nicht zahlt, beklaut nicht nur seine Beschäftigten, sondern auch die Gemeinschaftskassen und die Mitbewerber, die fair entlohnen. Die Reparaturkosten trägt dann die Allgemeinheit. Unsere Sozialversicherung kann nur gut funktionieren, wenn alle gesetzestreu einzahlen. Die aktuellen Zahlen signalisieren dem neuen Bundesfinanzminister, wie groß der zusätzliche Kontrollbedarf ist. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) muss personell so ausgestattet sein, dass alle Arbeitgeber regelmäßig auf den Prüfstand kommen können. Die offenen Stellen müssen daher schnell besetzt werden, es müssen mehr Planstellen her, es muss auch mehr ausgebildet werden, und die Kontrolldichte auch in kleinen Betrieben muss steigen.“
Die WSI-Arbeitsmarktforscher hatten ermittelt:
Weibliche Beschäftigte sind von Umgehungen mehr als doppelt so oft betroffen wie Männer.
In Ostdeutschland kommen Verletzungen des Mindestlohns deutlich häufiger vor als im Westen, was auch mit der geringeren Tarifbindung und weniger Betriebsräten in den neuen Ländern zusammenhängen dürfte. Der Auswertung zufolge ist die Quote der betroffenen Arbeitnehmer in Ostdeutschland mit 12,6 Prozent deutlich höher als im Westen mit 7,3 Prozent.
Unternehmen mit Tarifvertrag und Betriebsrat halten sich weitaus konsequenter ans Mindestlohngesetz als Firmen, in denen beides fehlt. Im ersten Fall gaben lediglich 1,8 Prozent der Beschäftigten an, weniger als den Mindestlohn erhalten zu haben. Dagegen waren es in Betrieben ohne Tarif und Mitbestimmung 15,6 Prozent, also fast neun Mal so viele.
Nach der neuen Auswertung bekamen 2016 rund 2,2 Millionen Beschäftigte in Deutschland weniger als den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn, obwohl er ihnen zustand. Von Umgehungen des gesetzlichen Mindestlohns betroffen waren damit etwa 8 Prozent aller Arbeitnehmer. Legale Ausnahmen vom Mindestlohn sind dabei bereits herausgerechnet.
Die 2,2 Millionen Menschen, denen der gesetzliche Mindestlohn 2016 vorenthalten wurde, haben nach den WSI-Berechnungen im Schnitt 251 Euro monatlich zu wenig erhalten. Damit summieren sich die Brutto-Lohnausfälle auf 6,5 Milliarden Euro im Jahr. Da auf die niedrigere Lohnsumme weniger Sozialabgaben anfallen, entgingen auch den Sozialversicherungen rund 2,8 Milliarden Euro, von denen rund 1,1 Milliarden Euro auf Arbeitgeberbeiträge entfielen. Zusammengenommen beläuft sich der Ausfall für Beschäftigte und Sozialkassen auf 7,6 Milliarden Euro, die sich aus der Bruttolohnsumme inklusive der Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung sowie den Arbeitgeberbeiträgen zusammensetzen.
Einige schmutzige Trick gegen den Mindestlohn finden Sie hier:
Schmutzige Tricks gegen den Mindestlohn
*Quelle: Toralf Pusch: Lohnausfälle und entgangene Sozialbeiträge durch Mindestlohnumgehungen. WSI-Policy Brief 23, März 2018. Download: https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_pb_23_2018.pdf
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