Landesregierung, UV Nord und DGB Nord fordern Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit oder Ausbildung

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Dachzeile Veranstaltung „Ankommen und Arbeiten – So bringt Schleswig-Holstein Geflüchtete in Arbeit“ im Kieler Landeshaus

Die Landesregierung, der UV Nord und der DGB Nord haben heute auf der Veranstaltung „Ankommen und Arbeiten – So bringt Schleswig-Holstein Geflüchtete in Arbeit“ im Kieler Landeshaus gemeinsam den Bund aufgefordert, zügig ein neues Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit oder Ausbildung zu schaffen. Ziel ist es, die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten in Deutschland zu beschleunigen und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. Der Vorschlag sieht vor, dass Geflüchtete, die mindestens drei Jahre in Deutschland leben und seit einem Jahr einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen, künftig ein festes Bleiberecht erhalten. Weitere Voraussetzungen sind der Nachweis von Integrationsleistungen, eine einwandfreie Identitätsklärung sowie Straffreiheit. 

„Wir müssen Geflüchteten, die hier arbeiten, eine Perspektive schaffen! Zunehmend stellen wir fest, dass Menschen unser Land verlassen müssen, obwohl sie in Ausbildung oder Arbeit sind. Das ist weder für die Geflüchteten noch für unsere Wirtschaft, die unter einem massiven Fachkräftemangel leidet, nachvollziehbar. Deshalb fordere ich in Richtung Bund ein schnelleres Bleiberecht für Geflüchtete in Arbeit oder Ausbildung. Die derzeitigen Voraussetzungen sind so hoch, dass sie kaum erreichbar sind. 12 Monate sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und dreijähriger Voraufenthalt sollten zentrale Elemente des neuen Bleiberechts sein. Da der Bund sich dies selbst in den Koalitionsvertrag geschrieben hat, sollte er dies jetzt zügig auf den Weg bringen“, sagte Integrationsministerin Aminata Touré. Sie verwies darauf, dass das Land bei der Arbeitsmarktintegration mit gutem Beispiel vorangehe. So durchlaufen Geflüchtete beispielsweise direkt nach der Ankunft in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit ein Kompetenzscreening, bei dem frühzeitig berufliche Qualifikationen und Erfahrungen erfasst, alle bereits möglichen, notwendigen Schritte zur Vorbereitung der Arbeitsmarktintegration initiiert und der Prozess zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung beschleunigt werden. Das Land stellt dafür jährlich rund 1 Mio. Euro bereit.  

„Eine schnelle Arbeitsmarktintegration ist ein entscheidender Schlüsselfaktor für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilität unseres Landes. Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, dass diese Integration gelingt und Unternehmen von diesem Arbeitskräftepotenzial profitieren“, betonte Wirtschafts- und Arbeitsminister Claus Ruhe Madsen:„ Ein dauerhaftes Bleiberecht ist daher von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche arbeitsmarktliche und gesellschaftliche Integration. Auch die Betriebe benötigen die Sicherheit, dass ihre Investition in das Humankapital sich langfristig lohnt und die Arbeitskraft der Geflüchteten dem Unternehmen dauerhaft zur Verfügung steht, ohne die Sorge, dass diese Menschen das Land wieder verlassen müssen.“  

Um diese Integration gezielt zu fördern, habe das Wirtschaftsministerium im Jahr 2025 rund 9 Millionen Euro in die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten sowie Migrantinnen und Migranten investiert. „Eine attraktive und flexible Einwanderungspolitik trägt maßgeblich dazu bei, Fachkräfte zu gewinnen, die unsere Wirtschaft in den Schlüsselbranchen der Zukunft nachhaltig stärken können“, sagte Madsen.  

UVNord-Hauptgeschäftsführer Michael Thomas Fröhlich: „Die bisherigen Erfahrungen zeigen: Es muss schneller, einfacher und verständlicher werden. Und zwar für beide Seiten – für Arbeitgebende und Geflüchtete. Nach wie vor ist die Willkommens- und Integrationskultur stark ausgeprägt. Es gibt allerdings zu viele und unterschiedliche Zuständigkeiten. Ein einheitlicher Integrationskoordinator könnte Abhilfe leisten. Wir benötigen kommunizierende Röhren und eine Ermöglichungskultur. Sprache und Qualifikationen sollten zudem vermehrt und früher am Arbeitsplatz stattfinden. Das Werkstor Schleswig-Holsteins steht offener denn je.“  

DGB Nord-Vorsitzende Laura Pooth: „Geflüchtete brauchen echte Chancen und einen leichteren Zugang zum Arbeitsmarkt, statt übergroße Hürden. Die schaden den Menschen selber und am Ende uns allen - unserer Wirtschaft und Gesellschaft. Überall wird über Fachkräftemangel geklagt, aber wir schieben arbeitende Geflüchtete ab. Das ist unfair und bringt niemandem etwas. Ausbildung und Arbeit sind der Schlüssel für gesellschaftliche Teilhabe. Aber Menschen mit Migrations- und Fluchtgeschichte dürfen auch nicht als billige Arbeitskräfte missbraucht werden. Nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt gelingt nur mit guten Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen. Den besten Schutz davor bieten starke Betriebsräte und Tarifverträge.“  

Das Beschäftigungs-Bleiberecht ist im Bundeskoalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD aufgeführt. Als Voraussetzung werden dort ebenfalls eine zwölfmonatige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, nachweisbare Integrationsleistungen, Identitätsklärung sowie Straffreiheit genannt. Im Gegensatz zum Vorschlag aus Schleswig-Holstein müssten Geflüchtete jedoch mindestens vier Jahre in Deutschland gemeldet sein. Zudem soll die Regelung bereits zum 31.12.2027 wieder außer Kraft treten.  

Hintergrund:

 Die Landesregierung hat sich im Dezember 2024 auf ein Maßnahmenpaket zur schnelleren Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten verständigt. Dabei wurde unter anderem vereinbart, das im Frühjahr 2023 gestartete Kompetenzscreening von Geflüchteten in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit auf bis zu fünf Erstaufnahmeeinrichtungen auszuweiten und qualitativ zu verbessern. Inzwischen wurden in diesem Verfahren rund 1500 Erstberatungsgespräche durch das Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge durchgeführt. Im Anschluss daran folgten rund 700 vertiefte Beratungsgespräche mit der Bundesagentur für Arbeit. Die Zeit und die Verfahrensschritte bis zu einer erfolgreichen Arbeitsvermittlung werden dadurch erfahrungsgemäß deutlich verkürzt. Rund 80 Personen konnten sogar direkt in ein festes Beschäftigungsverhältnis oder in Praktika vermittelt werden. 

 Darüber hinaus arbeitet das Land daran, die Anerkennung von Berufsabschlüssen zu beschleunigen und zu bündeln. Viele Geflüchtete sind mit dem Anerkennungsrecht und der für sie unbekannten Verwaltungsstruktur in Deutschland überfordert. Deshalb wurden in diesem Bereich zusätzliche Personalstellen u.a. im Landesamt für Arbeitsschutz, Soziales und Gesundheit geschaffen. 

 Die Sicherung des Fachkräftebedarfs von Unternehmen bleibt insgesamt eine zentrale Herausforderung. Das Wirtschafts- und Arbeitsministerium legt deshalb eine neue Förderrichtlinie auf, um Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge schneller und nachhaltiger in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Richtlinie ist mit jährlich 1,45 Mio. Euro dotiert und wird Anfang 2026 an den Start gehen. 

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