Ar­muts­gip­fel 2025: Ar­mut braucht ei­ne neue so­zia­le Agen­da

Datum

Ordnungsnummer PM 029

Politik, Fachverbände, Zivilgesellschaft – mehr als 180 Vertreter:innen der gesamten Stadtgesellschaft fanden sich auf Einladung von Sozialverband SoVD, Mieterverein zu Hamburg, DGB Hamburg und dem Paritätischen Wohlfahrtsverband in der Patriotischen Gesellschaft ein, um über die Aspekte von Armut zu sprechen und Lösungen zu entwickeln.

„Jedes vierte Kind und jede:r fünfte Einwohner:in in unserer Stadt gelten bereits jetzt als arm. Die Herausforderungen unserer Zeit verlangen uns immer mehr ab – Inflation, steigende Arbeitslosigkeit, die Streichung von staatlichen Förderungen für neue Berufs- und Lebensperspektiven führen dazu, dass immer mehr Menschen, auch aus dem Mittelstand, immer weniger von ihrem Geld haben. Armut ist schon lange kein Randphänomen mehr!“, sagt Klaus Wicher, Hamburger SoVD Landesvorsitzender.

 Besonders sichtbar werde Armut, wenn es um Wohnraum geht. Der Vorsitzende des Mietervereins zu Hamburg, Dr. Rolf Bosse: „Der gerade erschienene Vermögensbericht belegt unzweifelhaft, dass Armut und Reichtum weiter wachsen. Schon seit langem wissen wir, dass das Wohnen zur Miete ein Armutsrisiko darstellt. Wir sagen: So kann es nicht weitergehen! Es ist die Aufgabe eines demokratischen Staats, angemessene Lebensverhältnisse für alle zu schaffen. Dazu gehört explizit die angemessene Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum. Ziel dieses Armutsgipfels ist auch, unter Beweis zu stellen, dass die Beseitigung von Armut keine Mildtätigkeit gegenüber den Betroffenen ist, sondern im wirtschaftlichen Interesse unserer Gesellschaft stattfindet.“

Für Tanja Chawla, Vorsitzendes DGB Hamburg sind beim Thema Arbeit zu wenig Stellschrauben gedreht: „Minijobs, prekäre Beschäftigung und Langzeitarbeitslosigkeit sind ursächlich verantwortlich für ein Leben und vor allem Verharren in Armut. Dass die Zahl der Einkommensmillionäre in Hamburg erneut gestiegen ist, ist nur ein Indikator dafür, dass die Spaltung zwischen Arm und Reich weiter voranschreitet. Aber, anstatt die Vermögenssteuer wiedereinzuführen, leisten wir uns eine enorm stigmatisierende Diskussion über Bürgergeldempfänger:innen, von denen weniger als 0,4 Prozent zumutbare Arbeit grundlos verweigern oder ihre Mitwirkungspflichten nicht erfüllen.“  

Armut betreffe den gesamten Lebensalltag, stellt Kristin Alheid, Hamburger Geschäftsführerin Paritätischer Wohlfahrtsverband klar: „Wir wissen seit langem, dass eine bezahlbare gute Wohnsituation genau wie gute Bildung von Anfang an die zwei elementaren Grundpfeiler dafür sind, dass Menschen nicht in Armut geraten, beziehungsweise sich davon befreien können. Es braucht daher eine gemeinsame Anstrengung, dafür in Hamburg die Grundlagen zu schaffen!"

In Foren, Diskussionsrunden und Podien und Gesprächen erarbeiteten die Teilnehmenden konkrete Forderungen und Lösungsansätze, die bewusst sozial-, wirtschafts- und wohnungspolitische Maßnahmen miteinander verbinden.

Armut – als strukturelles Problem anerkennen

Armut ist kein individuelles Versagen, sondern Folge politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen und Rahmenbedingungen. Armut bedeutet soziale Ausgrenzung, eingeschränkte Teilhabe und gesundheitliche Risiken.

Wohnen – als soziale Frage begreifen

Der angespannte Wohnungsmarkt ist ein zentraler Treiber von Armut. Mindestens 5.000 geförderte Neubauwohnungen im Jahr, eine konsequente Anwendung der Mietpreisbremse, Zweckentfremdung und die Verhinderung von jahrelangem Leerstand können die Lage entspannen. Flankierend sollte Hamburg zur gemeinnützigen Wohnungswirtschaft zurückkehren.

Soziale Infrastruktur stärken

Kinderbetreuung, Gesundheitsversorgung, Bildungseinrichtungen und Beratungsstellen müssen flächendeckend angeboten und niedrigschwellig zugänglich sein. Dazu muss Hamburg in den Quartieren Infrastruktur schaffen, durch Stadtteilzentren und personenorientierte Angebote, Schulsozialarbeit, Gesundheitszentren und -kioske und Schuldnerberatung.

Prävention durch Bildung und gute Arbeit

Prekäre Beschäftigung und Langzeitarbeitslosigkeit müssen durch Qualifizierung und tarifgebundene Vergütung bekämpft werden. Arbeit sollte grundsätzlich auf Basis tariflicher Absprachen entlohnt werden. Dazu gehört auch die Anhebung des Mindestlohns. Tarifbindung muss auf mindestens 80 Prozent erhöht werden.

Politische Teilhabe und Selbstwirksamkeit

Betroffene kennen ihre Lage am besten, sie sollten stärker bei politischen Prozessen eingebunden werden. Hamburg sollte explizit Beteiligungsformate für Menschen mit Armutserfahrung, Förderung von Selbstvertretung und zivilgesellschaftlichem Engagement anstoßen. Wer sich als selbstwirksam begreift, stärkt die Demokratie.

zurück