Stu­die ent­larvt po­pu­lis­ti­sche De­bat­te zu Bür­ger­geld

“Wer Arme gegen Ärmere ausspielt, verhindert echte Lösungen”

Datum

Ordnungsnummer PM 053

Eine neue Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) zeigt, dass das Einkommen bei Mindestlohnbeschäftigung deutlich höher ist als mit Grundsicherung. Dazu kommentiert Laura Pooth, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Nord: “Die Studie belegt es schwarz auf weiß: Es ist ein Märchen, dass es sich für Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld nicht lohne zu arbeiten, weil das Bürgergeld zu hoch sei.”  

In Schleswig-Holstein hat eine alleinstehende Person, die Vollzeit zum Mindestlohn arbeitet, durchschnittlich 549 Euro mehr zur Verfügung als mit Bürgergeld. Eine alleinerziehende Person mit Kind hat bei einer Vollzeitbeschäftigung zum Mindestlohn einen monatlichen Einkommensvorteil von 744 Euro. Bei einer Paarfamilie mit zwei Kindern und einer Person in Vollzeitbeschäftigung zum Mindestlohn beträgt der Vorteil 649 Euro (Quelle: Policy Brief WSI 08/2025, s.u.). 

Die Unterschiede machen auch nochmal deutlich, mit wie wenig Auskommen Bürgergeldbezieher über die Runden kommen müssen, betont Pooth: “Wer auf Bürgergeld angewiesen ist, muss jeden Cent zweimal umdrehen und sich genau überlegen, ob das Geld bis zum Monatsende reicht. Eine solch prekäre Situation sucht sich keiner freiwillig aus. Wer mit der 'Arbeit-lohnt-sich-nicht-mehr'-Keule schwingt, macht gezielt Stimmung gegen die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Das ist unsolidarisch und stigmatisierend.” 

Wichtiger als diese bösartige Stimmungsmache wäre ein gemeinsamer Kraftakt zur deutlichen Stärkung der unteren Einkommen, appelliert die Gewerkschafterin: “Das Nach-Unten-Treten muss endlich aufhören. Wer Bürgergeldempfänger und Menschen mit niedrigem Erwerbseinkommen gegeneinander ausspielt, lenkt vom Wesentlichen ab und verhindert echte Lösungen. Der Arbeitsmarkt muss dringend gerechter werden. Wer arbeitet, muss davon leben können – ohne aufstocken zu müssen. Und wer nicht arbeiten kann, hat ein Recht auf eine würdige Existenzsicherung.”  

Konkret fordert Laura Pooth: “Was wirklich helfen würde, ist eine bessere Qualifizierung und Betreuung für erwerbsfähige Bürgergeldbeziehende – statt pauschaler Vorwürfe. Dafür braucht die Bundesagentur für Arbeit genügend Ressourcen. Gleichzeitig brauchen Menschen in schlecht bezahlten Jobs endlich armutsfeste Löhne, mehr Tarifbindung und gezielte Entlastung, vor allem für jene, die täglich schwere Sorgearbeit leisten.” 

 

Quelle: 
Seils, E. (08/2025). „Lohnt sich Arbeit in Deutschland noch?“ Policy Brief WSI, 90, https://www.boeckler.de/data/p_wsi_pb_90_2025.pdf

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