Ta­rift­reu­e: End­lich faire Be­din­gun­gen bei öf­fent­li­chen Auf­trä­gen

Arbeitgeber haben es selbst in der Hand

Datum

Ordnungsnummer PM 044

„Damit unternimmt die Bundesregierung einen wichtigen Schritt, um faire Löhne und gute Arbeitsbedingungen bei öffentlichen Aufträgen des Bundes zu sichern”, begrüßt Laura Pooth, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Nord, den Gesetzesentwurf für ein Tariftreuegesetz auf Bundesebene ausdrücklich. “Dieses Gesetz wird für mehr fairen Wettbewerb sorgen. Es ist ein wichtiger Hebel zur Stärkung der Tarifbindung. Beides ist schon deshalb so wichtig, weil der Bund in den kommenden Jahren massive Investitionen tätigen wird.”  

“Dabei setzen wir uns für ein umfassendes, bürokratiearmes Gesetz ein. Und für bereits tarifgebundene Unternehmen wird es das auch sein. Schwieriger wird es hingegen für jene Unternehmen, die sich bislang weder an Tarifverträgen orientieren noch tarifgerechte Löhne zahlen”, erklärt die Gewerkschafterin. “Doch gerade für diese Betriebe kann das ein wichtiger Ansporn sein, endlich fair und tariflich zu entlohnen.”  

Allen Verbänden, die jetzt aufschreien und erneut das Ende der Welt heraufbeschwören, entgegnet Laura Pooth klar und deutlich: “Stellt Euch endlich der gesellschaftlichen Verantwortung. Es gibt kein Recht auf Lohndumping, wenn man öffentliche Aufträge haben will. Wenn verbindlich ausgehandelte Tarifverträge weitgehend die Löhne und Arbeitsbedingungen in einer Branche regeln, braucht es keinen Gesetzgeber, der das vorschreiben und kontrollieren muss. Bisher ist das deutsche System der Arbeitsbeziehungen stark darauf gebaut, dass die Tarifpartner gute Lösungen in ihren Branchen finden. Mit dem Ausstieg vieler Arbeitgeber aus den Tarifverbänden funktioniert das bisherige System zunehmend schlechter. Der Gesetzgeber ist gefordert, und das tut er nun auch. Das ist konsequent! Ohne die vielen sogenannten Arbeitgeberverbände, die sich Tarifverhandlungen verweigern und Lohndumping als Wettbewerbsvorteil nutzen, bräuchten wir kein Tariftreuegesetz. Wenn sich aber immer mehr Arbeitgeber aus der Tarifbindung verabschieden, steigt eben der Druck ersatzweise gesetzliche Vorgaben zu erlassen.”  

Hintergrund: 
In Hamburg und Schleswig-Holstein halten sich nur noch ein Viertel der Betriebe an Tarifverträge. Um die Jahrtausendwende waren es noch knapp die Hälfte.  
Nur noch rund die Hälfte der Beschäftigten werde nach Tarifvertrag bezahlt, im Jahr 2000 waren es noch knapp 70 Prozent. Ohne Tarif erhalten Beschäftigte bei Vollzeit rund 500 EUR weniger pro Monat bzw. 6.000 EUR pro Jahr. 
Auch im europäischen Vergleich ist die Tarifbindung in Deutschland gering. Noch niedriger ist sie nur in zumeist osteuropäischen Staaten.

Quelle: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut, Analysen zur Tarifpolitik Nr. 96, April 2024, Hans-Böckler-Stiftung. 

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